Grenzgebiete

von
Prosit Flaschenhals

Wenn eine einstige Schmugglergegend schon so aussieht, wie der Hals einer Weinflasche, dann kann ein Ausflug dorthin nur lustig werden. Der Freistaat Flaschenhals ist ein historisches Kuriosum im Mittelrheintal. Und allemal einen Schluckauf wert.

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Weinwanderung durch den Freistaat Flaschenhals, im Hintergrund aufgegebene Weinhänge

Bei 36° Grad ist die Schmugglerzone heute ohne Schatten. Auf einer Wanderung durch die Weinberge der Familie Nies ist es also notwendig sich regelmäßig Flüssigkeit zu zu führen. Und da alle der rund 45 Mitwanderer am Erhalt des Weinbaus in den Steilhängen interessiert sich, muss es natürlich das lokale Produkt sein. Aus heimatpflegerischen Gründen, versteht sich. Sechs Verkostungen und eine ganze Menge historisches Wissen bekommt man hier an einem Tag. Und ganz nebenbei einen Schwipps.

Zunächst die Fakten: Die Geschichte des Freistaats Flaschenhals beginnt mit der Unterzeichnung des Waffenstillstandsabkommens von Compiège im November 1918. Geplant war, das Gebiet unter den Alliierten aufzuteilen. Man nahm einen Zirkel zu Hand, skizzierte grob einen 30 Kilometer breiten Halbkreis um Köln, Koblenz und Mainz und ging wortwörtlich davon aus, es werde schon genug Überschneidungen geben. Tatsächlich aber blieb zwischen Kaub und Lorch ein schmaler Korridor unbesetzt.

Das Leben im Freistaat hatte seine Tücken, denn das Gebiet war von Alliierten weitgehend abgeriegelt. Von 1919 bis 1923 gab es keine Bahnverbindung, Handelshindernisse, viele Kontrollen. So blühte im Flaschenhals notgedrungen der Schmuggel. Die Freistaatler mussten improvisieren, erfanden eine eigene Münze und Notgeldscheine. Und wenn nachts die Ufer zur Kontrolle regelmäßig beleuchtet wurden, kam es schon mal vor, dass die Kauber Jugend mit dem entblößten Hinterteil ihre Meinung zum Schattendasein kundtat.

Schatten wünscht man sich heute zurück, wenn man zwischen Hessen und Rheinland-Pfalz herumtorkelt. So trocken wie der Secco in den Kehlen sind die aufgegebenen Weinhänge. Gegen die Verbuschung der Zeilen gibt es einen natürlichen Rasenmäher. Mizi, die Mittelrheinziege nimmt sich genüsslich des Wildwuchses an. Während im Rheingau noch rund 3000 Hektar bewirtschaftet sind, sind es im Weinbaugebiet Mittelrhein nur noch rund 400, erzählt der Wanderführer. Zu schweißtreibend sei die Arbeit in den Steilhängen. Dabei gehen einem in den Lagen mit den schönen Namen wie Lorchhäuser Seligmacher immer mehr Parallelen auf. Weinberge und Burgenblogger haben nicht nur gemeinsam, dass sie beide Leser beschäftigen. Auch ackern Winzer und Schreiber beide an der Zeile.

Seit 1994 gibt es hier nun im Übrigen die Initiative Flaschenhals, die auch eine eigene Regierung beschäftigt (Das Ministerium für Arbeit und Soziales ist zur Zeit nicht besetzt, „da Vollbeschäftigung!“). Dazu haben sich Winzer, Hoteliers und Gastronomen zusammengeschlossen. In einer Blindverkostung bestimmen sie die besten Weine aus ihren Reihen. Dazu gibt es Essen und gemeinsame Wanderungen, an deren Ende mancher Wanderführer noch ein Liedchen trällert. Das Beste ist: man kann Staatsbürger werden. Anträge auf Einbürgerung in den Freistaat Flaschenhals werden wohlwollend angenommen. Die Autorin ist nun stolze Inhaberin einer doppelten Staatsbürgerschaft. Und eines Katers.

4 Kommentare

  • Horst Felder says:

    Tja, vieles ist wohl wahr… ein hochwertiges Hotel auf der rechten Rheinseite? Da fällt mir höchstens das Landgasthaus Blücher in Dörscheid ein… tja, ich persönlich weiß auch nicht ob ich am Rhein nur »hochwertigen« Tourismus sehen möchte (den man dann als Normalsterblicher nicht mehr bezahlen kann)… mir wäre ja das alte »Weinseligkeits-Ambiente« am liebsten… aber das findet man auch nur noch ganz selten… viele Hotels und Restaurants empfinde ich tatsächlich als recht »abgelutscht«… und es gibt da noch einige, die noch immer nur auf die Busse warten und denen man richtig anmerkt, das die Bedienung von Einzelpersonen unter ihrer Würde ist… Service egal, kommt ja eh keiner wieder…

  • Hakan says:

    Was ist das? Niederheimbacher Schülerzeitung? Die Artikel sollten endlich mal an Substanz gewinnen. Was soll der Unfug mit der Hitze? Uns ist allen heiß gewesen. Und diese spärlichen Infos zum Flaschenhals. Das kann man auch ergoogeln oder in der Wikipedia finden. Schade das das Burgenblogger-Ding ein Flop geworden ist.

    • Siggi says:

      @Hakan
      @Wolfgang
      Die Zeilen sollten eigentlich das Mittelrheintal aufwecken, aber sie sind ja keine Winzer, wie ich ihren Kommentar entnehmen muss. Sie lesen auch nur das was sie verärgert. Da steht so viel Wahrheit zwischen den Zeilen, die nur wenige Mittelrheiner so richtig lesen wollen.
      [[Während im Rheingau noch rund 3000 Hektar bewirtschaftet sind, sind es im Weinbaugebiet Mittelrhein nur noch rund 400, erzählt der Wanderführer.]]

      Der Weinanbau in dieser Region, war einst mal das Prägende im Mittelrheintal.
      „Wenn das Wasser im Rhein goldner Wein wär – ………“ trillerte mein Vater vor 70 Jahren.
      https://www.youtube.com/watch?v=HhfxsIlN4JU
      Ich kann mich sehr gut als Kind an diese Textzeilen erinnern, obwohl ich nicht aus dieser Region komme.

      Ich bin Fotograf und war dieses Jahr im Mittelrheintal unterwegs und es tut weh, wenn man verwaiste Weinregionen sieht, bestimmt für mich, keine Fotomotive!

      Warum ist das so???? Darüber sollte man sich Gedanken machen, die Burgenblogger-in hat da schon mehrere Anstöße gegeben. (Siehe auch „Rundflug mit Rundfunk“)

      Ich wünsche dem Mittelrheintal folgende Textzeile.
      „Denn das Fass vom Vater Rhein wird niemals leer.“ Hoffentlich….!?
      Mit freundlichen Grüßen Siggi

  • Wolfgang says:

    Das ist eine schön geschriebene Geschichte, den Stil solltest Du, liebe Jessica beibehalten. „Keine Werbung, keine Prostitution“ (wie Du es neulich geschrieben hast), sondern Geschichten mit und ohne Hintergründe, die unsere Gegend interessant und neugierig machen.